SD-Abschaltung der
öffentlich-rechtlichen Sender auf unbestimmte Zeit verschoben
Ursprünglich sollte bereits Mitte 2020 die Ausstrahlung der
öffentlich-rechtlichen Sender in SD-Qualität über Satellit abgeschaltet
werden. Nach über zehn Jahren Parallelausstrahlung in SD- und HD-Qualität
wäre dieser Termin nicht mehr verfrüht gewesen; der Großteil der Zuschauer
empfängt ja mittlerweile in HD.
Anfang 2020 verkündeten dann die ARD und Arte, man werde den Termin
auf Anfang 2021 verschieben. Um die Ernsthaftigkeit der Absicht zu
bekräftigen, nannte die ARD diesmal sogar den 12. Januar 2021 als konkreten
Abschalttermin.
Danach hörte man lange nichts mehr – was schon seltsam war, weil eine
entsprechende Kampagne zur Umstellung der Technik langsam mal hätte
starten müssen. Außerdem gab es nie eine vergleichbare Ankündigung des
ZDF.
Nun also die Kehrtwende. Sowohl die ARD als auch der
Satellitenbetreiber SES Astra erklärten Mitte Juli 2020 in
Pressemitteilungen, man werde die Zusammenarbeit in Sachen
SD-Ausstrahlung vorerst fortsetzen. Kurz danach verkündete auch Arte
eine Verlängerung der SD-Ausstrahlung. Schon im Mai hatte SES Astra
(damals von der Fachpresse weitgehend unbemerkt) eine Verlängerung der
SD-Verträge mit dem ZDF bekanntgegeben. Das ZDF selber musste keine neue
Pressemitteilung rausgeben – denn man hatte die SD-Abschaltung ja im
Gegensatz zu ARD und Arte nie offiziell angekündigt.
Warum wird die SD-Abschaltung erneut verschoben?
Sowohl ARD als auch SES Astra nennen – wenig überraschend – die
Corona-Krise als einen der Gründe. Es sei deutlich geworden, wie wichtig
eine Versorgung der Bevölkerung mit Informationen sei. Laut SES Astra
soll es immer noch rund 6 Millionen deutsche Haushalte geben, die
Fernsehen ausschließlich in SD-Qualität empfangen. (Diese Zahl liegt
weit höher als in den bisher bekannten Statistiken.) Dementsprechend sei
es nicht verantwortbar, die SD-Ausstrahlung schon zu beenden.
Für wie lange wird verschoben?
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Die SD-Abschaltung muss früher
oder später kommen. Allerdings nannten bisher weder ARD noch SES Astra
einen neuen Abschalttermin. Ihre Formulierung lautet lediglich
"über das Jahr 2020 hinaus". Arte erklärte, ihr aktueller SD-Vertrag mit
SES Astra laufe ohnehin noch bis Ende 2022; über die Zeit danach werde
man sich rechtzeitig beraten. Insider von
digitalfernsehen.de wollen erfahren haben, dass die neuen Verträge
zwischen der ARD und SES Astra sogar bis ins Jahr 2024 reichen. Aber selbst wenn
das stimmt, könnte es eine Ausstiegsklausel für den Fall einer früheren
Abschaltung geben. Man kann also derzeit nicht sicher davon ausgehen,
dass die Abschaltung wirklich um ganze drei Jahre verschoben ist.
Wer soll das bezahlen?
Die SD-Ausstrahlung von ARD und ZDF via Satellit hat bisher
über 25 Millionen Euro Kosten pro Jahr verursacht. Die KEF (Kommission zur
Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten) genehmigt inzwischen
nur noch Mittel für die HD-Ausstrahlung. Für eine Verlängerung der
Parallelausstahlung haben ARD und ZDF also gar kein Geld.
Es läuft jetzt darauf hinaus, dass das Geld an anderer Stelle (d. h. bei
Programminhalten und Equipment) eingespart werden muss, um an der
KEF-Empfehlung vorbei eine längere
SD-Ausstrahlung zu finanzieren. Die
besagten Insider von digitalfernsehen.de berichten immerhin von
vergünstigten Konditionen, die SES Astra den beiden Sendeanstalten für
die Fortsetzung der SD-Ausstrahlung eingeräumt habe. Trotzdem dürften
die Kosten noch bei etlichen Millionen pro Jahr liegen.
Kritiker befürchten, dass durch die Umschichtung der Mittel die
Qualität des Programms leiden könnte; schon heute klagen z. B. die
Produzenten von Fernsehserien über immer stärkere Budgetkürzungen.
Außerdem könnten ersehnte technische Aufrüstungen noch weiter verzögert
werden.
Was ist mit den anderen Sendern?
Die werbefinanzierten deutschen Privatsender (Pro7-Sat1-Gruppe,
RTL-Gruppe, unabhängige Sender) hätten ohnehin nicht an der SD-Abschaltung teilgenommen. Der Grund liegt darin, dass die Privatsender in HD nur verschlüsselt
und gegen Gebühr
zu empfangen sind (HD Plus) – und dass offenbar nur eine Minderheit der Zuschauer von
dieser Möglichkeit Gebrauch macht. Eine SD-Abschaltung würde hier einen
massiven Reichweitenverlust in Sachen Werbung bedeuten – und den können
die Privaten sich nicht leisten.
Es gibt allerdings auch ein paar Privatsender, deren HD-Signale
unverschlüsselt sind (Servus-TV, Bibel-TV, div. Shoppingsender). Sie
hätten sich problemlos den Öffentlich-Rechtlichen anschließen und das
SD-Signal zur gleichen Zeit abschalten können. Aber solange es die
Sender der ARD und des ZDF weiter in SD gibt, besteht für die
verbliebenen SD-Zuschauer kein Druck, auf HD umzurüsten. Ob die die
Privaten den Verlust der SD-Zuschauer verkraften können, werden sie
sorgfältig gegen die Kosten der Parallelausstrahlung abwägen. Man kann
also schlecht voraussagen, wann sie aus der SD-Ausstrahlung aussteigen.
Einige Regionalsender haben in den letzten Jahren bereits auf HD
umgestellt und dann zeitnah die SD-Ausstrahlung beendet (weil sie für
einen Parallelbetrieb nicht genug Geld haben). Hier wird sich auch durch
die neuerliche Entwicklung nichts mehr ändern.
Autor: Andreas Beitinger
Letzte Änderung: Juli 2020
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